Es ist kein Geheimnis, dass wir Menschen eine Menge Abfall produzieren und uns oftmals auch ohne Weiteres von Dingen verabschieden, die noch brauchbar sind. Second-Hand-Läden sind kein neues Phänomen, doch mit einem steigenden Umweltbewusstsein, vor allem bei der jüngeren Generation, ist auch der Hype um Second-Hand-Shopping stark angestiegen. Ob Kleidung, Möbel oder auch Spielsachen, Secondhand ist beliebt und das auch zu Recht.
Wenn du dich selbstständig machen möchtest oder dein bestehendes Geschäftsmodell etwas frischen Wind einhauchen möchtest, bietet sich der Verkauf von Second-Hand-Artikel an. Wir zeigen dir, was du beachten musst, um einen Second-Hand-Laden eröffnen zu können und welche Vor- und Nachteile es gibt.
Warum einen Second-Hand-Laden eröffnen?
Ein Second-Hand-Laden ermöglicht es dir zum einen, deinen Interessen nachzugehen, vorausgesetzt du verkaufst Produkte, an denen du persönlich interessiert bist. Zum anderen trägst du mit einem Secondhand Geschäft zur Nachhaltigkeit bei. Ein Re-Commerce-Geschäft bedeutet außerdem direkten Kontakt zu interessanten Kund:innen und Geschichten.
Voraussetzungen für die Gründung eines Second-Hand-Ladens
Wenn du einen Second-Hand-Laden eröffnen möchtest, gibt es keine strikten Vorgaben oder Voraussetzungen, die du unbedingt erfüllen musst. Allgemein ist es beim Einstieg in den Einzelhandel aber sicherlich hilfreich, wenn du wenigstens bereits erste Erfahrungen gesammelt hast und ein allgemeines Verständnis für die Abläufe besitzt. Das heißt aber auf keinen Fall, dass du ohne solche Erfahrungen keine Chance hast, denn du kannst dir das Wissen auch nach und nach aneignen.
Es gibt mittlerweile zahlreiche Seminare, ob online oder vor Ort, die dir dabei helfen können, deine ersten Schritte im Einzelhandel zu gehen. Wenn du noch keinerlei Erfahrungen hast, ob im Einzelhandel oder allgemein als Unternehmer:in, lohnt es sich sicher ein oder zwei Kurse zu besuchen und dir so ein gewisses Allgemeinwissen anzueignen. Besonders Aspekte wie Preiskalkulation, Buchhaltung und Marketing wirst du nicht umgehen können und sollten deshalb bewusst geschult werden.
Wichtiger ist es, dass du ein gewisses Startkapital besitzt, dass es dir erlaubt deinen Laden zu gestalten, Produkte zu kaufen und die ersten Monate etwas zu überbrücken, bis dein Laden richtig läuft.
Es wird wohl weniger überraschend sein, dass du in einem Second-Hand-Laden sehr viel Kontakt mit Kund:innen haben wirst und ihnen nicht nur mit Rat und Tat zur Seite stehen sollst, sondern sie auch für deine Artikel begeistern musst. Kundenkontakt spielt also eine große Rolle bei deinem Erfolg, weshalb du selbstverständlich Spaß an der Arbeit mit Menschen haben solltest und ein gewisses Geschick im Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen besitzen solltest.
Lesetipp: Lerne, wie du mit der richtigen Preiskalkulation deine Verkaufspreise berechnest und orientiere dich am klassischen Handel.
Formelle Aspekte
Rechtsform wählen
Wenn du einen Second-Hand-Laden eröffnest, bleiben dir Themen wie die passende Rechtsform leider nicht erspart. Auch wenn das für die meisten Menschen der weniger aufregende Teil der Planung ist, ist er nicht weniger wichtig und sollte gut durchdacht sein. Second-Hand-Läden werden meist als UG, GmbH, GbR oder als Einzelunternehmen gegründet. Die Unterschiede der Rechtsformen liegen in den Steuern, der jeweiligen Haftung und dem Kapital.
Lesetipp: Unser Überblick über die gängigen Rechtsformen unterstützt dich bei der Wahl.
Behördengänge
Eintrag im Handelsregister: Wenn du für deinen Second-Hand-Laden die Rechtsformen GmbH oder UG gewählt hast, musst du dich beispielsweise im Handelsregister eintragen. Als Einzelunternehmer hingegen musst du dich nur dann eintragen, wenn du auch offiziell als Kaufmann (e.K.) eingetragen bist.
Gewerbe anmelden: In jedem Fall musst du dich bei dem zuständigen Gewerbeamt anmelden. Nach der Anmeldung musst du dein Unternehmen zudem auch steuerlich anmelden, sodass du Rechnungen ordnungsgemäß ausstellen darfst. Das zuständige Gewerbeamt sowie das Finanzamt sind hierbei die richtigen Anlaufstellen und unterstützen dich bei diesem Schritt.
Lesetipp: Wir zeigen dir, wie du ein Gewerbe anmeldest und was du beachten musst.
Industrie- und Handelskammer: Nachdem du dein Gewerbe beim Gewerbeamt angemeldet hast, wird neben dem Finanzamt auch die Industrie- und Handelskammer informiert. Die IHK nimmt dann Kontakt zu dir auf und du musst dich auch dort anmelden.
Berufsgenossenschaft: Bei der Berufsgenossenschaft handelt es sich um die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Unternehmen und deren Beschäftigte. Auch wenn du kein Personal hast, bist du dazu verpflichtet, dich bei der zuständigen Berufsgenossenschaft anzumelden. Speziell für den Einzelhandel ist die BGHW (Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik zuständig)
Versichere deinen Second-Hand-Laden
Weitere Versicherungen sind für dich als Unternehmer:in ebenfalls sinnvoll. Bevor du zusätzliche Umfall- oder Krankenversicherungen abschließt, solltest du dir die Frage stellen, welche konkreten Risiken du absichern musst und willst.
Risiken könnten beispielsweise sein:
- Ertragsausfall: beispielsweise durch längere Krankheit oder einen Schaden in deinem Laden
- Haftung: falls jemand zu Schaden kommt
- Rechtsschutz: wenn du im Extremfall juristisch gegen jemanden vorgehen musst
- Sachwert: wenn dein Laden beschädigt wird, beispielsweise durch einen Brand, Wasserschaden oder Vandalismus
Auch in Sachen Versicherungen ist es immer ratsam, einen Experten oder eine Expertin zu involvieren.
Produktauswahl
Nachdem die formellen Aspekte geklärt sind, geht es jetzt ans Eingemachte: die Produktauswahl. Wohl einer der wichtigsten und für Anfänger:innen oftmals herausfordernder Aspekt der Gründung. Du musst dir vorab gut überlegen, wie du deinen Second-Hand-Laden gestalten willst. Möchtest du dich auf spezielle Produkte oder Kategorien spezialisieren? Bietest du ausschließlich Kleidung an oder auch Möbelstücke, Spielwaren und Bücher?
Vor allem am Anfang wird es wohl kaum so sein, dass du dich vor Spenden und Angeboten nicht retten kannst, trotzdem ist es sinnvoll, dir zu überlegen, welche Artikel in dein Konzept passen und welche du eher umgehen willst.
Es gibt viele interessante Artikel und Kategorien, jedoch solltest du dich bewusst auf einige beschränken, da dein Laden sonst schnell überflutet wird und eher weniger professionell und einladend wirkt. Eine große Auswahl ist durchaus positiv, aber wenn sich Kund:innen nicht mehr zurechtfinden und du selbst den Überblick verlierst, hilft dir das nicht weiter, sondern schreckt Interesent:innen eher ab.
Doch wie findet du die passenden Produkte? Vor allem am Anfang kann das etwas schwierig sein. Mit etwas Übung und Erfahrung wirst du aber schnell herausfinden, was für dich und deinen Second-Hand-Laden am besten funktioniert und wie du die besten Produkte findest. Du kannst günstige Produkte bewusst einkaufen oder du verlässt sich auf die klassische Second-Hand-Methode: den Verkauf auf Kommission. Man bringt dir hierbei alte Kleidung, Möbel, Spielwaren in deinen Laden und du bestimmst de Verkaufspreis sowie den Prozentsatz am Verdienst. Der restliche Betrag geht dann and die Person, die den Artikel angeboten hat.
Der richtige Standort
Ebenso wichtig wie die passenden Produkte ist der ideale Standort für die Eröffnung deines Second-Hand-Ladens. Bei der Wahl des Standorts solltest du dir genügend Zeit nehmen und den Markt sowie die Konkurrenz analysieren und beobachten. Vor allem der Einzelhandel profitiert von Laufkundschaft und ist deswegen auf einen idealen Standort angewiesen. Ein schöner Laden hilft dir nicht viel weiter, wenn man ihn nur mit Müh und Not erreicht. Und vor allem in den ersten Monaten ist es wichtig, dass Menschen auf deinen Laden aufmerksam werden.
Marketing
Alle formellen Angelegenheiten sind endlich geklärt, der perfekte Standort ist gefunden und die Produktpalette steht, doch wie bringst du die Menschen jetzt dazu, ausgerechnet deinen Laden zu besuchen? Du kannst nicht einfach darauf hoffen, dass genügend Leute deinen Shop interessant finden und durch Zufall besuchen. Die richtige Marketingstrategie hilft dir dabei.
Du kannst zum einen auf klassische Werbung, wie in der Zeitung oder über Plakate zurückgreifen, aber du solltest auch vor allem die sozialen Medien nutzen, um auf deinen Second-Hand-Shop aufmerksam zu machen.
In jedem Fall lohnt es sich, im Voraus deine Zielgruppe zu analysieren, um so deine Marketingmaßnahmen gezielt planen zu können. Vor allem Instagram, TikTok und Co. ist Second-Hand-Shopping in den letzten Jahren zum echten Trend geworden, weshalb es sich sicher lohnt, diese Kanäle bewusst zu bespielen und an Trends teilzunehmen.
Außerdem ist auch die klassische Website und ein eigener Onlineshop eine gute Möglichkeit, deine Produkte mehr Menschen vorzustellen. Auf deiner Website kannst du dich und deine Produkte vorstellen und in Szene setzen. Vor allem beim Second-Hand-Geschäft lohnt es sich, deine Website etwas persönlicher zu gestalten und dich als Inhaber:in und deine Motivation vorzustellen.
In diesem Video (auf Englisch) zeigen wir dir, wie du deinen Onlineshop mit Hilfe von Shopify ganz einfach erstellen kannst:
Personal
Am Anfang wirst du deinen Second-Hand-Laden vielleicht noch ohne Probleme selbst führen können, jedoch wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, dass du zusätzliche Unterstützung benötigst und Personal einstellen musst. Doch auch hier solltest du nicht voreilig handeln und dir genügend Zeit bei der Auswahl nehmen, denn im Endeffekt hat dein Personal einen direkten Einfluss auf dein Image.
Außerdem musst du dir überlegen, auf welcher Basis du Unterstützung einstellen möchtest: Vollzeit, Teilzeit oder doch auf 450 € Basis? Das hängt vor allem von der Größe deines Ladens und dem verbundenen Aufwand ab.
Vor- und Nachteile
Vorteile des Re-Commerce
Umweltschutz
Wir leben in Zeiten von Plastikinseln im Ozean und europäischen Müllbergen in Übersee. Re-Commerce hilft, sich diesen Umweltkatastrophen entgegenzustellen. Ein Produkt, das weiterverwendet wird, ist ein Posten weniger auf dem Abfallhaufen. Und da sich immer mehr Menschen Ökologie und Naturschutz auf ihre Fahnen schreiben, bekommst du gleichzeitig ein wertvolles Kaufargument geliefert, genau deinen Shop zu besuchen.
Lesetipp: Nachhaltige Onlineshops werden immer gefragter. Auch diese 9 Shopifxy-Stores setzen bewusst auf Umweltbewusstsein.
Der humanitäre Aspekt
Elektroschrott wird häufig nicht in Deutschland recycelt, sondern zu einem Großteil nach Afrika exportiert. Dort wiederum werden Menschen – oft Kinder – von windigen Geschäftsleuten für einen Hungerlohn gezwungen, unseren Abfall nach noch brauchbaren Teilen zu durchsuchen. Um diesen Umstand langfristig abzustellen, reicht kein finanzielles Hilfsprogramm, sondern nur ein Umdenken in den reichen Industrieländern. Mit Re-Commerce trägst du zu einer Umstrukturierung bei.
Wegwerfen war gestern
Immer mehr Konsumierende haben die Nase voll von ständigen Updates, von Produkten, die kaum ein Jahr alt werden – der sogenannten geplanten Obsoleszenz – und von fadenscheinigen Verkaufsargumenten für immer neue Konsumgüter. Lieber greifen sie zu einem Artikel, der weniger kostet, dafür aber lange hält. Wenn du einen eigenen Second-Hand-Laden eröffnest, springst du auf genau diesen Zug auf und lieferst deiner Kundschaft hochqualitative Ware zu einem fairen Preis.
Regionale Wirtschaft stärken
Re-Commerce schafft Jobs. Und zwar nicht irgendwo, sondern genau dort, wo dein Unternehmen sitzt. Denn wenn dein Business erst einmal läuft, wirst du immer mehr Teammitglieder brauchen, die dir helfen, deine Ware auf Vordermann zu bringen, sich um Verpackung, Versand und Kundenservice kümmern. Du bezahlst kein ausländisches Großunternehmen oder Textilfabrik, deren Arbeitsbedingungen außerhalb deiner Kontrolle liegen, sondern die Menschen in deinem Heimatort.
Nachteile des Re-Commerce
Kleinere Margen
Niemand zahlt für ein gebrauchtes Produkt so viel wie für Neuware. Das bedeutet im Umkehrschluss zwar, dass auch du deine Artikel günstig beziehen kannst, allerdings darfst du die Zeit nicht außer Acht lassen, die du in Reparatur und Wiederaufbereitung investieren musst. Die Gewinnspanne, die du erzielen kannst, ist also mitunter etwas schmaler, als im klassischen Handel.
Schrott-Risiko
Insbesondere bei technischen Produkten kann es passieren, dass sie nicht mehr zu reparieren sind oder eine Instandsetzung einfach nicht wirtschaftlich ist. Stellst du also beispielsweise erst nach Ankauf eines TV-Gerätes fest, dass seine Zeit tatsächlich abgelaufen ist, bist du leider nur noch Besitzer:in eines teuren Haufens Altmetall.
Des Ladenhüters Pechvogel
Wenn du Neuware direkt vom Hersteller kaufst und weiterverkaufst, existieren in der Regel vertragliche Regelungen, die es dir erlauben, nicht abgesetzte Artikel an den Produzenten zurückzugeben. Das Risiko von Ladenhütern trägt hier also der Hersteller. Im Re-Commerce sieht diese Sache natürlich anders aus. Auf einem Artikel, der sich partout nicht verkaufen lässt, bleibst du schlicht und einfach sitzen.
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Fazit
Wenn du einen Second-Hand-Laden eröffnest, trägst du nicht nur etwas zur Nachhaltigkeit bei, sondern hast auch die Chance, dich mit interessanten Leuten auszutauschen und einzigartige Produkte zu entdecken. Doch bevor du dir den Traum vom Second-Hand-Shop erfüllen kannst, gilt es, einige formelle Aspekte zu klären und dich konkret auf die Eröffnung vorzubereiten. Von der richtigen Rechtsform, über Versicherungen bis hin zu der Wahl des idealen Standorts gibt es einiges zu beachten. Wenn du dich jedoch an unserem Leitfaden orientierst und alles Schritt für Schritt angehst, steht deinem Traum nichts mehr im Weg und du kannst schon bald deinen Store eröffnen.
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